Karawane zog zum Rathaus
09. Juni 2021 | von Joachim Fildhaut - Main Post | Pressemeldung
Auf dem Rathausplatz an der Rückermainstraße geht es bunt zu. Mehrere Dutzend farbig bemalter Kamele machen das Pflaster seit Mittwoch zur Karawanserei. Es macht Spaß, zwischen den stolze 40 Zentimenter hohen Holztieren zu lustwandeln. Bei einem Exemplar kann man sich bildlich vorstellen, wie die Kinderaugen glänzten, als sie die kurvig ausgesägte Tischlerplatte verzierten. Gleich beim nächsten verraten die Sneakers an den Kamelhufen, dass der Maler schon ein wenig älter war. Insgesamt fragt man sich aber: Wie kam die Karawane hierher? Soll sie etwas bedeuten?
Die Ursprungs-Oase der Tiere ist die Kinder- und Jugend-Kunstwerkstatt JuKu Karawane. Diese Würzburger Gruppe von Künstlern und Pädagogen macht Workshops, in denen sich die jungen Besucher schöpferisch entfalten können, ihre eigene Kreativität entdecken... Pandemiebedingt sind diese Treffen seit über einem Jahr ausgefallen. Dabei drehen die JuKu-Leute bisweilen das ganz große Rad. Unvergessen, wie sie in dem einen oder anderen Sommer einen ganzen Abenteuerspielplatz wochenlang mit Workshops füllten. Das lief in Zusammenarbeit mit der Stadt Würzburg, die auch diesmal kooperierte. Das Bundesprogramm "Demokratie leben!" finanzierte die Produktionskosten von "Kamele für alle. Die Karawane läuft", so der Titel des Fern-Workshops. Und auch der Lions Club Würzburg Löwenbrücke steuerte etwas zum Gelingen der bunten Aktion bei.
In der Isolation kreativ
Der Sinn und die Notwendigkeit leuchten ja auch ein: Als "kontaktloses Projekt" war das von Anfang an gedacht. Initiatorin Birgit Schmidt vergleicht die Hygienebeschränkungen, die die JuKu-Kurse unmöglich machen, mit einer Wüste. Und die Kamele? "Die können", sagt die Künstlerin und Pädagogin, "weite Durststrecken durchhalten. Genau so wollten wir mit "Kamele für alle" zeigen, dass Leute in ihrer Isolation kreativ sind. Durch unsere Aktion merken sie, dass sie Teil einer größeren Gruppe sind." Das wird durch die Ausstellung sinnfällig unterstrichen.
Initiatorinnen waren zwei Ateliernachbarinnen, Schmidt und Constanze Hochmuth-Simonetti. Beide luden ihre früheren Workshopteilnehmer zum Kamelebemalen ein. Während bei Schmidt vor allem junge Leute das Kreativsein üben, sind es bei Hochmuth-Simonetti auch oft Menschen mit Behinderung. Die Arbeitsräume der beiden Frauen liegen auf dem Bürgerbräu, wo derzeit auch der Verein JuKu Karawane insgesamt firmiert. Weitere Wüstentierfreunde sprachen die zwei durch Aushänge auf dem Gelände an. Geliefert wurden die Holzfiguren vom Spielwarenladen nebenan.
Blatt mit Impulsen
Im Februar startete die Aktion, eine Weile später konnte das Arbeitsmaterial abgeholt werden. Dazu gab es ein Blatt mit Impulsen: "Du hast nun ein Kamel in Pflege... ein paar Streicheleinheiten mit dem Pinsel... Welche Lieblingsfarbe hat dein Kamel?" Das inspirierte letztlich 60 junge und ältere Leute zum Mitmachen. Mitte Mai hatten Birgit Schmidt und Constanze Hochmuth-Simonetti knapp die Hälfte der ausgeteilten Wünstenwanderer wieder eingesammelt: "Zur Zeit", erzählte Schmidt damals, "fühlen wir uns ein bisschen wie die Hirten, die ihre Herde zusammentreiben müssen." Schließlich mussste die Herde ja noch wetterfest lackiert werden, damit sie auf dem Rathausplatz allen Passanten bis zum 18. Juni Freude machen kann.